
Seit kurzem haben wir endlich auch in Tulln das erste REPARATURCAFÉ oder – wie es in anderen Gemeinden auch genannt wird: ein Repair-Café . Ich hab da ja schon seit längerem ein bisschen neidisch nach St. Andrä–Wördern gelugt. Die haben diese Art von Veranstaltung schon seit geraumer Zeit und etliche Tullner sind immer wieder mit ihren kaputten Gebrauchsgegenständen dort hin gefahren. Aber egal, ob in Wördern, Neulengbach oder sonst wo: Ein Repair-Café ist auf alle Fälle immer eine gute Sache.

Es war einmal …
… die Idee von Franz (Schmidt), in Tulln etwas Sinnvolles zur Müllvermeidung beizutragen und ein Reparaturcafé zu organisieren. Für ihr war es immer selbstverständlich, die Dinge zu reparieren (zumindest es zu versuchen), bevor man sie auf den Müll wirft. Warum auch immer, es hat sich leider über Jahrzehnte in unseren Breitengraden eine richtige Wegwerfgesellschaft entwickelt.
Schnell und ohne viel nachzudenken kauft man sich was Neues. Man kann sich’s ja leisten. Einer der Gründe ist wohl, dass viel zu viele Leute nicht mehr selbst reparieren können. Weder Kleidungsstücke geschweige denn Haushaltsgeräte. Also bitte mal eine Runde “Back To The Roots”. So wie damals bei Oma und Opa. Da wurde ja auch alles repariert – ganz ohne Repair-Café 😂. Dafür mit Fantasie und Ideenreichtum …

Ein anderer und vermutlich der Hauptgrund ist, dass es kaum Firmen gibt, die Reparaturen durchführen (wollen), weil erstens zu mühsam und zweitens mit Verkauf von neuen Dingen schneller und mehr Geld zu machen ist (ich sag nur: Geplante Obsoleszenz 😡). Wie oft hab ich schon gehört: “Die Reparatur ist zu teuer, ich empfehle ein Neugerät”. Das ist sowas von ärgerlich!
Und genau das gefällt dem Franz (wie übrigens auch mir und vielen anderen Leuten) nicht. Er hat nämlich eine Vision. Die da heißt: Hilfe zur Selbsthilfe und “Reparieren statt Wegwerfen”. Im Sinne von Nachhaltigkeit und Geld sparen. In gewisser Weise ist das ja auch ein Stück weit Unabhängigkeit von Produzenten, die uns am liebsten alle zwei Jahre ein neues Elektrogerät verkaufen würden 😡.
Mit der Gemeinde als Rückenstärkung und im Rahmen von “Stadt des Miteinanders” wurde das Projekt in Rekordtempo umgesetzt. Schon im Oktober 2022 lagen die ersten Ideen am Tisch und etwa 20 ehrenamtliche Damen und Herren erklärten sich bereit, im ersten Tullner Reparaturcafé unterschiedlichste Dinge vor dem Müll zu retten. Gleich im November ging’s mit der 1. Veranstaltung los, im Jänner folgten zwei weitere und schon bald folgt die nächste …
Es läuft ziemlich gut und ich bin positiv überrascht, wieviele Menschen das Angebot schon angenommen haben. Ab Februar gibt’s das Tullner Reparaturcafé regelmäßig jeden letzten Dienstag im Monat im Minoritensaal (Eingang beim Nibelungenplatz) …
Herzlich willkommen beim Repair-Café Tulln…
Eure Kaffeemaschine verschläft ihren großen Auftritt? Das Waffeleisen stellt sich scheintot? Euer Lieblingspulli liebäugelt mit der Erdanziehungskraft und lässt eine Masche nach der anderen fallen? Das neue Kleid 👗 hat nach dem 2. Waschgang schon kleine Löcher im Ärmel und ihr wollt es retten? Die Sessellehne ist in eine bedenkliche Schieflage geraten? Das Fahrrad gönnt sich einen Patschen?

Für all diese Dinge, gibt es ehrenamtliche Profis, die euch bei einfacheren Sachen zeigen, wie ihr im DIY-Verfahren eure guten Stücke “verarzten” bzw. retten könnt (eine Patschen-OP beim Rad ist schnell erledigt). Bei Kleidung ist mitunter auch ziemlich rasch wieder alles im grünen Bereich. Sogar euer Lieblingsbuch könnte dank eines Buch-Doktors vor dem Zerfall bewahrt werden.
Bei etwas schwierigeren Sachen (Elektro-Haushaltsgeräten) schauen sich die motivierten Helferleins an, ob und wie eine Reparatur durchgeführt werden kann bzw. ob es sich lohnt. Manchmal sind’s nur Kleinigkeiten, wie ein Ladegerät mit defektem Kabel. Man weiß ja oft gar nicht wohin man sich wenden könnte mit so kleinen Mini-Defekten. Da kommt mir grad wieder das fein säuberlich durchtrennte Kabel meiner Heckenschere in den Sinn, als ich zum 1. Mal in Eigenregie meiner Buchshecke an die Zweige ging 🤣. Ups!
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Bei Alcotec kann man viele der alten Geräte noch retten oder “aufmotzen”. Nicht jeder Rechner, Laptop oder Drucker muss gleich auf den Bauhof! Reparieren macht Sinn, spart Geld und Ressourcen!
Regeln im Repair-Café
Der Sinn des Reparaturcafés liegt darin, den Leuten Hilfe zur Selbsthilfe anzubieten. Zu zeigen, wie es gehen kann. Aufwendige Reparaturen macht nach wie vor der Schneider, der Elektriker oder andere gewerbliche Fachleute.
- es werden nur Dinge angenommen, die man auch selbst tragen kann (also keine Waschmaschine etc.). Geeignet sind Haushaltsgeräte, Spielzeug, Kleidung, Kleinmöbel, Fahrräder
- Das Repaircafé ist als DIY- bzw. Selbsthilfe-Werkstatt zu sehen und ist nicht dazu gedacht, ansässigen Firmen die Reparaturaufträge abspenstig zu machen.
- Die Hilfestellung ist kostenlos, allerdings werden natürlich auch immer wieder Materialien von den Helfern besorgt. Daher werden Spenden als Dankeschön gern angenommen.
- Getränke, Kaffee und Kuchen sind ebenfalls kostenlos – auch hier freut man sich über ein bisschen Geld in der Spendenbox. Damit die guten Küchenfeen wieder Butter, Mehl und Eier für die nächsten hausgemachten Kuchen besorgen können.

Noch ein paar Infos gefällig?
Der Andrang zum Tullner Repair-Café wird von mal zu mal größer. Damit besser geplant werden kann, solltet ihr euch und euer zu verarztendes Mitbringsel vorweg anmelden.
Da aber natürlich trotzdem Wartezeiten entstehen können, gibt es auch eine kleine Genussecke, in der man sich gemütlich mit anderen Teilnehmern zusammen setzen kann. Bei Kaffee ☕, Kuchen oder Brötchen wird dann getratscht, neue Bekanntschaften geschlossen oder einfach nur ein bisschen gefachsimpelt. Man kann unser Tullner Repair-Café getrost auch als Ort der Begegnung bezeichnen.

GESUCHT: Aufgrund der großen Nachfrage sucht man noch weitere ehrenamtliche Mitarbeiter, die Freude am Reparieren haben. Gern auch mit Wissen um Elektrik und Elektronik.
GEWÜNSCHT: Derzeit findet die monatliche Veranstaltung in den Räumlichkeiten des Minoritensaals statt. Der bescheidene Wunsch von Franz Schmidt geht da aber ein bisschen in die Richtung “es sollte mehr Werkstatt und weniger edel” sein. Also liebe Leser, falls jemand von euch eine Räumlichkeit zur Verfügung stellen kann (oder jemanden kennt, der jemanden kennt …), die eher einen Werkstätten-Charakter hat, wo man vielleicht auch Werkzeug zur Verfügung stellen kann, bitte meldet euch unter: info@tullnrepariert.at . Das Reparaturcafé findet ihr übrigens auch auf Facebook (hier geht’s lang)
Falls ihr auf der Suche nach weiteren nachhaltigen Ideen seid, dann interessiert euch vielleicht der Beitrag über die Lebensmittelretter (hier klicken) oder die Second Hand Boutique vom Roten Kreuz (hier klicken)
Also dann bis bald und liebe Grüße
die Tullnerin