Das Tullner Römerfest …

Römische Kleidung

Achtung, Achtung! Römer-Ruderboot am Donaustrom gesichtet! Naja – zugegeben. Es sind natürlich keine Römer auf Eroberungs-Tour. Aber zumindest tragen die Herren und Damen historische Kleidung. Rudern aus Leibeskräften wie vor 2.000 Jahren. Und sie reisen in einem originalgetreuen Holzboot, das im Rahmen eines internationalen Projektes (EU Interreg-Projekt “Living Danube Limes”) unter der Leitung der Universität für Weiterbildung Krems gebaut wurde. Und das ist ja wohl wirklich Grund genug für uns Tullner, ein Römerfest zu feiern …😊

Gut eineinhalb Jahre wurde in Deutschland gesägt, gehobelt und genagelt (selbst dafür kam antikes Werkzeug zum Einsatz) , um das römische Patrouillenboot vom Stapel lassen zu können. Grundlage für den Bau waren historische Baupläne und ein Schiffswrack aus dem 4. Jahrhundert, jede Menge Eichenholz 🌳 und eine äußerst motivierte Crew, die sich ordentlich ins Zeug warf, um den Zeitplan einzuhalten.

Workshop Schiffbau
Beim Schiffbau wird gehobelt

Am 15. Juli wurde das Boot in Bayern zu Wasser gelassen und dank der Muskelkraft von etwa 18 bis 20 rudernden Projektteilnehmern wird nun entlang des Donaulimes geschwitzt und gepaddelt. Insgesamt sind etwa 200 Freiwillige im Einsatz, die sich abwechselnd kräftig in die Riemen legen. Die erste Mannschaft wechselte bereits in Passau, auch in Tulln wird wieder ausgetauscht. Zwischendurch legt das Ruderboot immer wieder an, wie eben kürzlich in Passau, aber auch z. B. in Pöchlarn, Klosterneuburg oder Orth/Donau. Tulln ist jedoch der einzige Zwischenstopp, wo bei der Gelegenheit gleich ein Römerfest stattfindet. 👍

Die Reise führt durch acht Länder, das Endziel heißt Rumänien (da die Ukraine samt Schwarzem Meer aus bekannten Gründen ausfällt). Aber jetzt legt die Mannschaft mal hier bei uns im ehemaligen Comagenis an. Grund genug, eine Römer-Sause zu feiern und wer nun weiter lies, erfährt zum Fest noch ein wenig mehr …

Danuvina Alacris
Nachbau eines römischen Patrouillenbootes

Tulln feiert sein Römerfest

Sofern alles nach Plan läuft – und davon geh ich mal aus – wird das schwimmende “Römer-Projekt” am 30. Juli so gegen 18 Uhr im Gästehafen vor Anker gehen. Empfangen werden die vom Rudern vermutlich erschöpften Damen und Herren von Stadtvertretern, einem kleinen Willkommens-Ständchen und hoffentlich ordentlich Applaus, den sie sich redlich verdient hätten.

Übrigens ist nicht nur das Boot ein Abbild der einstigen “Wächter-Schiffe” entlang des Limes, sondern auch die Kleidung der Crew ist originalgetreu den historischen Gewändern nachempfunden. Also allein das ist doch wert, im Gästehafen vorbeizuschauen, oder? Übrigens spricht auch nichts dagegen, dass eingefleischte Römer-Fans sich ebenfalls in (natürlich römische) Schale werfen.

Und was erwartet euch beim Römerfest?

Am Sonntag steht dann ab 10 Uhr das Römerfest am Programm, und zwar mit jeder Menge Spaß und Unterhaltung. Nach dem Motto “Lasst die Spiele beginnen” …

  • DANUVINA ALACRIS“ – Die Besichtigung des Patrouillenschiffs ist von 10.00 bis 18.00 Uhr im Gästehafen möglich
  • INFOSTAND der Universität für Weiterbildung Krems und der Paris Lodron Universität Salzburg über das Projekt „Living Danube Limes“. Infos zur Reise der „Danuvina Alacris“. Von 10 bis 18 Uhr hat man die Möglichkeit, sich im Gästehafen über das Projekt zu informieren.
  • RÖMER:INNEN REISEN – zweistündiger Workshop zum Thema “römische Marine”. Ideal für Erwachsene und Familien, die sich auch am Bau eines Schiffsmodells versuchen möchten – Anmeldung unter 02272/690-189 erbeten, da nur eine beschränkte Teilnehmeranzahl möglich ist. Zur Wahl stehen 2 Termine: 11.00 und 15.00 Uhr im Stadtmuseum.
  • RÖMER:INNEN ERZÄHLEN – Hands-On-Führungen: Anhand von verschiedenen Schauobjekten und römischen Repliken wird an insgesamt drei Standorten Spannendes aus vergangenen Zeiten erzählt. Einfach Augen offen halten, denn im Zeitraum von 10 – 13 Uhr und von 14 – 17 Uhr trifft man im Bereich Marc Aurel-Park, Römerturm und Gästehafen auf Kulturvermittler:innen, die in römisches Tuch gekleidet (und somit leicht erkennbar), den Spaziergängern allerlei “römisches” erzählen.
  • RÖMER:INNEN ENTDECKEN – ganztags freier Eintritt im Stadtmuseum Tulln/Römermuseum, Führungen nach Wunsch und Interesse möglich. Möglich von 10 bis 17 Uhr!
  • RÖMER:INNEN SPIELEN – Beim Stationen-Theater 🏛️ werden die Besucher mal schnell in die römische Vergangenheit versetzt. Mit dabei sein ist möglich von 19 bis 20 Uhr im Stadtmuseum Tulln
  • LEGIO XIII – Die römische Reenactment-Gruppe veranschaulicht das römische Lagerleben der Legionäre. Also wer mehr über Training, Handwerk, dem Umgang mit Fernwaffen oder der Lagerküche wissen möchte, der sollte sich das unbedingt anschauen. Als zusätzliche Attraktion ist ein spätrömisches Fuhrwerk mit Pferden der Gruppe Veterae Ciconiae mit dabei. Zu sehen von 10 bis 18 Uhr an der Donaulände

Falls uns der (römische) Wettergott Jupiter aber einen Strich durch die Rechnung macht und ⛈️ Blitz, Donner sowie andere Unannehmlichkeiten beschert, werden die Freiraum-Veranstaltungen von der Donaulände kurzerhand ins Minoritenkloster verlegt. Die Schiffsbesichtigung findet natürlich trotzdem im Gästehafen statt 😉. Auch die Veranstaltungen im Stadtmuseum sind wetterunabhängig und laufen planmäßig ab …

Wenn der Hunger kommt …

Die alten Römer feierten bekanntlich ausgiebig und gern. Und was gehört da untrennbar dazu? Jawohl – Speis & Trank 🍷. Und da wir Tullner ja Teil des Donaulimes (seit 2021 UNESCO Weltkulturerbe) sind, sind wir mindestens genauso gern am feiern . Nämlich erstens beim Römerturm an der Donaulände. Und zweitens mit Puls & Posca nach historischen Rezepten. Zuständig dafür ist – na wie könnt es bei einem Römerfest anders sein – die Studentenverbindung Comagena.

Römerturm_Tulln
Römerturm_Tulln

Da wurde fleißig getüftelt und recherchiert und das Ergebnis kann sich sehen lassen 👍. Puls (Eintopf auf Basis Getreidebrei) ist im Original vegetarisch (eigentlich sogar vegan) und wird beim Römerfest angeboten. Neben Dinkelreis kommt noch jede Menge Gemüse wie Bohnen, Zwiebel, Pastinake, Karotten 🥕 etc. mit in den Riesentopf. Für die, die gern ein bisschen Fleisch zwischen die Zähne bekommen, wird’s aber auch eine Variante mit Ripperl geben. Dazu gönnt man sich römisches Fladenbrot 🫓.

Kleine Zwischen-Info:

Das Brot ist übrigens eines der drei historischen Spezialbrote, die man bei der Bäckerei Steiner gemeinsam mit dem Zeiselmaurer Norbert Payer (seines Zeichens ehemals Wirt vom “Lustigen Bauern”) vor etwa 20 Jahren in die Backstube holte. Damals gab’s bereits regelmäßig Römerführungen in Zeiselmauer im Zuge derer dann historische Speisen gereicht wurden.

Das Rezept stammt von Marcus Gavius Apicius, der als Autor des ältesten erhaltenen römischen Kochbuches gilt und zu Zeiten des Kaisers Tiberius lebte. (hm – ob meine Artikel wohl auch in 2.000 Jahren noch irgendwo zu lesen sind? 🤔)

Neben dem Soldatenbrot 🫓 werden in der Backstube der Bäckerei Steiner auch zwei weitere historische Römerbrote angeboten: das Mostbrot mit Lorbeerblätter und das Schafkäsebrot mit Honig. Diese Spezialbrote werden gern für Römerfeste bestellt, können aber auch von Einzelpersonen geordert werden. Allerdings nur auf Vorbestellung …

Aber nochmal zurück zum Römerturm: Bier 🍺 und Wein waren wohl im alten Rom auch schon bekannt und darf bei keinem Römerfest fehlen. Aber in den vergangenen 2.000 Jahren entwickelten sich die Geschmäcker doch in eine etwas feinere Richtung und es kommt – Römerfest hin oder her – kein historisches Gebräu ins Glas. Comagena-Ehrenwort! Nur für jene, die trotz allem ein antikes Geschmackserlebnis anstreben, wird Posca hergestellt. Das ist ein alkoholfreies Getränk, das im alten Rom äußerst beliebt war (ich verrate nur soviel: es ist säuerlich 😉 ).

Wer übrigens Lust hat, der kann die Gelegenheit gleich nutzen und den Römerturm besichtigen.

Auf den Spuren der Römer …

… kann man in Tulln aber auch abseits des Römerfestes wandeln. Ich hab erst im Mai das Stadtmuseum besucht und war echt positiv überrascht. Die Führung war weder verstaubt noch langweilig (wie leider in meiner Kindheit), sondern spannend und dank moderner Technologien war die Vergangenheit nahezu “greifbar”. Jeden 3. Sonntag im Monat (noch bis Oktober 2022) wird gegen einen kleinen Obulus so eine spezielle Römerführung angeboten. Infos dazu findet ihr hier.

Mein besonderer Tipp ist die Rätselbox, die ihr im Stadtmuseum erwerben könnt. Dabei handelt es sich um eine Schnitzeljagd auf den Spuren der alten Römer. Für alle, die gern nach Wien abschwirren, um dort einen Escape-Room zu besuchen, ist die Tullner Schnitzeljagd sicher eine Superalternative. Um das Rätsel “Das Vermächtnis des Grabräubers” zu knacken seid ihr an die 2 Stunden beschäftigt. Werd ich demnächst sicher ausprobieren …

Übrigens finden in Tulln auch regelmäßig Stadtführungen mit geprüften Fremdenführern statt. Auch da sind die Römer natürlich ein Thema. Mehr dazu könnt ihr hier lesen.

Über Comagenis hinaus …

… reichte der Donaulimes. Mit Zwentendorf (Kastell Asturis) und Zeiselmauer (Cannabiaca) gibt es im Bezirk gleich zwei weitere ehemalige Römer-Niederlassungen, die seit 2021 UNESCO Weltkulturerbe-Status haben.

Derzeit befindet sich das Museum Zwentendorf in einer Umbauphase. Im Herbst 2023 gibt’s eine Neueröffnung und dann steht dem interessierten Besucher auch ein Bereich zur Verfügung, der sich dem Römerreich widmet.

Während man in Zwentendorf im Ortsbereich nicht fündig wird, da in den 60er Jahren die Grabungen beendet wurden und die Kastellreste gut konserviert unter der Erde vor sich hin schlummern, stolperte ich in Zeiselmauer bei einem gemütlichen Spaziergang durch den Ort gleich über mehrere sehr gut erhaltene Römerbestände.

Fächerturm in Zeiselmauer
Römischer Fächerturm in Zeiselmauer

Hier haben die Freunde von Zeiselmauer (ein Verein) mittels ihrer Website dafür gesorgt, dass man beim Römer-Rundgang wunderbar erhaltene Gemäuer entdecken kann. Die Seite ist sehr gut und übersichtlich aufgestellt. Mit ansprechenden Bildern, Wegbeschreibung und Information. Auf diese Art und Weise könnt ihr zu jeder Tageszeit eine virtuelle Führung durch das antike Cannabiaca machen. Nur die Ausgrabungen unter der Kirche sind nicht frei zugänglich. Dazu müsste man sich einen Termin für eine Führung ausmachen (Kontaktdaten und Mail findet ihr auf der Website).

Am Gemeindeamt befindet sich ebenfalls ein kleiner Schauraum mit römischen Objekten. Da dieser nur vormittags zu den Öffnungszeiten der Gemeinde geöffnet hat, haben sich die Freunde Zeiselmauers etwas einfallen lassen: Beim Eingang befindet sich eine kleine Tafel mit einem QR-Code. Einfach scannen und ihr springt flugs in den virtuellen Schauraum … 😊

In diesem Sinn bleibt mir nur noch zu sagen:

Servus, Baba & Salvete – Seid gegrüßt

die Tullnerin

Teile den Beitrag mit deinen Freunden

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Kooperation mit der Tullnerin

Gerne stehe ich für  werbliche Kooperationen zur Verfügung. Diese werden auch als solche gut erkennbar für die Leser gekennzeichnet. Allerdings behalte ich mir vor, Themen abzulehnen, mit denen ich mich nicht zu 100% identifizieren kann. Das bin ich mir und vor allem meinen Lesern/Leserinnen schuldig.

Für Anfragen bezüglich Kooperationen: info@die-tullnerin.at